Wer mich persönlich kennt, weiß, wie wichtig für mich das Thema „Ernährung“ ist. Wer mich kennt, weiß, dass ich mich oft nicht zurückhalten kann und meinem Gegenüber sagen muss, wie ungesund er gerade isst. Entschuldigung an dieser Stelle dafür – doch wenn man mit den Jahren viel über Ernährung gelesen und sich mit Lebensmitteln auseinandergesetzt hat, erkennt man Zusammenhänge zum Wohlbefinden des Körpers. Mir fällt es dann schwer, dies nicht anzusprechen – ich möchte keine Vorwürfe machen, sondern helfen und aufklären. Ich vergesse dann oft, dass sehr viele den Zusammenhang zwischen einem gesunden Körper, Allergien, Hautproblemen und der Ernährung nicht sehen. In meinen Augen könnten Krankheiten und Unwohlsein mit bewusstem und gesundem Essen, anstatt mit Medikamenten behandelt werden.
Mittlerweile beschäftige ich mich seit über 20 Jahren mit Ernährung und den Lebensmitteln, die wir aufnehmen. Damals wog ich einiges mehr und fühlte mich keineswegs mehr wohl. Damals stellte ich nach mehreren Jahren Kochen mit den bekannten Geschmacksverstärker-Tüten fest, dass die Rouladen genauso schmecken wie das Kassler. Heute weiß ich, dass Geschmacksverstärkter appetitanregend wirken und unter anderem eine Ursache für meinen ständigen Appetit und Spaß am Essen waren. Auch wenn auf diesen Tüten mittlerweile mit den Aufschriften „ohne Geschmacksverstärker“ oder „aus natürlichen Zutaten“ geworben wird, bedeutet dies lang noch nicht, dass das Kochen damit jetzt gesünder ist. Glutamat etc. wurden durch andere Zusatzstoffe ersetzt. Jeder, der gesund bleiben möchte und sich dies auch für seine Familie wünscht, tut gut daran, sich mal die Zutaten anzusehen und nachzulesen, was sie bedeuten und welche Wirkungen sie im Körper auslösen können. Ich möchte kaum den Gedanken zu Ende denken, dass viele Kinder, wenn sie mit dem ersten Geburtstag in die Kindereinrichtung gehen, beim täglichen Mittagessen diese Zusatz- und Geschmacksstoffe aufnehmen.
Mein „Ernährungsweg“ der letzten Jahre war gefüllt von Büchern, Ernährungstabellen, Zutatenlisten etc. Je mehr ich über die Lebensmittel, deren „Herstellung“ und Einfluss auf den Körper wusste, desto mehr habe ich mich in meiner Ernährung neu orientiert. Ich begann Fleisch von meiner Einkaufsliste zu streichen. Als mir vor drei Jahren bewusst wurde, dass es keine Kühe gibt, die einfach nur Milch geben, habe ich auch alle Milchprodukte aus dem Einkaufskorb entfernt. Wusstet Ihr, dass die Kuh immer erst ein Kälbchen auf die Welt bringen muss, um Milch geben zu können? Muttermilch – voll mit Hormonen, die das Kälbchen bekommen müsste, aber wir Menschen trinken? Das soll für den menschlichen Körper gesund sein? Den Gedanken, dass die Kuh geschwängert wird und das Kälbchen nach der Geburt sofort von der Mutter getrennt wird, nur damit wir Menschen die Milch bekommen, werde ich an dieser Stelle mal zum weiteren Nachdenken aussenden.
Ernährungsweise ist ein Prozess. Ob es stimmt, dass sich der Geschmack alle sieben Jahre ändert, weiß ich nicht. Was ich aber weiß bzw. selbst reflektieren kann, ist, dass sich der Geschmack an die veränderte Ernährungsweise anpasst. Es ist also niemals zu spät, sich zu belesen und sich neu zu orientieren. Wenn Ihr als Eltern, Großeltern oder pädagogische Fachkräfte beginnt, Euch mit der Ernährung intensiver auseinander zu setzen, dann nehmt die Kinder mit in diesen Prozess. Vermittelt ihnen keine überholten Aussagen der Ernährung, sondern seit offen dafür, die alten „Weisheiten“ zu überdenken.
In den Kindereinrichtungen gibt es die verschiedensten Abläufe, was die Organisation und die Durchführung der Mahlzeiten betreffen. Einige Kindereinrichtungen bieten Frühstück, Mittag und Vesper an, in anderen wieder rum erhalten die Kinder nur das Mittagessen von der Einrichtung und die Eltern geben ihrem Kind das Frühstück und die Vesper mit. Beides hat seine Vorteile. Sofern die Eltern ihr eigenes ausgewähltes Frühstück mitgeben, können sie gezielt ihre eigene Ernährungsweise berücksichtigen. Es gibt Familien, die auf eine frische und gesunde Ernährung mit Obst, Gemüse, Vollkorn achten. Auch einer vegetarischen, veganen oder zuckerfreien Ernährung kann beim Frühstück für das eigene Kind treu geblieben werden. Es gibt aber auch Familien, die dem Kind tagtäglich das gleiche Essen mitschicken und der Gesundheit der Lebensmittel wenig Beachtung schenken. Diese Kinder können durch das organisierte Frühstück in der Kindereinrichtung aufgefangen werden und ein abwechslungsreiches und gesundes Frühstück kennenlernen. Eine wichtige Grundlage dafür ist aber, dass sich die pädagogischen Fachkräfte mit einer gesunden abwechslungsreichen Ernährung beschäftigen und offen gegenüber anderen Ernährungsweisen sind. Wer sich bewusst ernährt, weiß, dass Cornflakes keinen Nährwert haben und einem gesunden Frühstück nicht zuzuordnen sind, sondern aufgrund des Zuckergehaltes zu einer Süßigkeit gehören. Wenn die KiTa das Frühstück organisiert, sollten die Eltern in diesen Prozess mit aufgenommen werden. Eltern mit bewusster Ernährung stehen Cornflakes, Brötchen aus Weißmehl, fettiger Wurst, Schokoladenaufstrich, Kuhmilch etc. kritisch gegenüber und würden sicher lieber Haferflocken, Knäckebrot, Vollkorn, Obst, Gemüse und vielleicht sogar Hafermilch auf dem Frühstückstisch sehen wollen. Allen Beteiligten kann man niemals gerecht werden – eine Aussage, die nicht nur die Ernährung betrifft – aber man kann sich ehrlich austauschen und anderen Lebensstilen, Meinungen und Sichtweisen offen gegenüberstehen.
An dieser Stelle sei auch kurz angemerkt, dass manch in der Werbung angepriesene Dinge nicht wirklich so gesund sind, wie sie angepriesen werden. Eine kritische hinterfragende Sichtweise ist oftmals angebracht – einfach, weil unsere Kinder sich körperlich entwickeln. Niemand möchte, dass sie aufgrund der Ernährung, die wir Erwachsenen ihnen „vorsetzen“, krank werden bzw. sich unzureichend oder zu schnell körperlich entwickeln.
Die Milchschnitte wird z.B. mit den Worten „leckere Milchcreme, ein Hauch von Honig, zwei lockere Schnitten“ beworben. Wenn man auf die Zutaten schaut, sind da unter anderem noch Palmöl, Zucker, Weizenmehl, natürliche Aromen sowie Emulgator Mono-und Diglyceride von Speisefettsäuren enthalten. Letzteres werden zur Haltbarmachung des Lebensmittels eingesetzt – obwohl geworben wird, dass keine Konservierungsstoffe drin sind. Aber ist Haltbarmachung nicht gleich Konservierung? Dies ist nur ein Beispiel, was ich benennen möchte. Wer wirklich wissen möchte, was er sich und seiner Familie zu essen gibt, sollte in diesem Zusammenhang viel hinterfragen.
Was das Mittagessen in den Einrichtungen angeht, werden viele von sogenannten Großküchen beliefert. Dass dort aufgrund der Anzahl der Essenportionen nicht frisch gekocht werden kann, ist nachzuvollziehen. Dennoch sind die Speisepläne oft nicht für Kinder optimal zusammengestellt und die Fertigware enthält Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker. In den Fertigprodukten sind u.a. Pilze, Gewürzgurken in Soßen enthalten – Lebensmittel, die die meisten Kinder beim Essen sowieso raussuchen. An dieser Stelle möchte ich sehr gern die Frage nach dem berühmten „Kosteklecks“ aufwerfen. Vor einigen Jahren habe ich die Kinder auch noch versucht zu ermuntern, diesen Miniklecks zu probieren. Diesbezüglich habe ich meine Sichtweise komplett verändert. Jeder Erwachsene, jedes Kind hat Vorlieben und Abneigungen, was Lebensmittel angeht. Der eine mehr – der andere weniger. Ich möchte auch nicht Dinge auf meinem Teller kosten, zu denen ich eine Abneigung habe – Aussehen und Geruch sind oft schon ausreichend, dass man einfach nicht kosten möchte. Selbst dies auf dem Teller liegen zu haben, kann den Appetit mächtig verderben. Kinder sollten deshalb Gelegenheit haben, sich beim Mittagessen selbst zu bedienen und dabei selbst zu entscheiden, was und wieviel auf den eigenen Teller kommt. Wenn die Kinder frühzeitig in den Prozess der Ernährung aufgenommen werden und Lebensmittel mit anbauen, erforschen, einkaufen, ernten und zubereiten, dann werden auf den Tellern der Kinder auch ganz selbstverständlich Kartoffeln & Co landen.
Ebenso trägt eine gemütliche Atmosphäre beim Essen zu einem bewussten Umgang mit Lebensmitteln bei. Das Essen genießen zu können, dafür genügend Zeit zu bekommen und sich beim Essen zu unterhalten ist eine Esskultur, die in der heutigen schnelllebigen Zeit oft nicht umgesetzt wird. Dabei können sich alle bei Gemütlichkeit und Gesprächen neben Erlebnissen und Geschichten auch über das Essen austauschen und vielleicht sogar neue Lebensmittel probieren. Auch das Recht der Kinder, wenn sie satt sind, den Teller nicht leer essen zu müssen, sollte wieder in allen Köpfen verankert werden. So bereiten wir unsere Kinder auf einen bewussten Umgang mit Lebensmitteln und die Wahrnehmung des eigenen Körpers im Zusammenhang mit dem Essen vor.
Vor einigen Monaten habe ich mich der Herausforderung gestellt und mir Gedanken zu einem Kinder-Speiseplan für das Mittagessen in der Einrichtung gemacht. Ziel war es, kindgemäße Menüs zu finden, in drei Monaten keine Wiederholung eines Gerichtes zu haben und die Vorgaben der Abwechslung von Beilagen, Fisch, Eierspeisen, Suppen und süßen Speisen zu beachten. Als Veganerin finde ich den Plan immer noch viel zu fleischintensiv, aber dennoch denke ich, dass mir die Abwechslung etwas gelungen ist. Die Hinweise auf Zutaten und Allergene habe ich allerdings weggelassen. An dieser Stelle beglückwünsche ich alle Kindereinrichtungen, die eine Möglichkeit gefunden haben, das Mittagessen täglich selbst zuzubereiten oder ihr Mittagessen aus frischen Biozutaten erhalten.
In dem Buch „Was französische Eltern besser machen. 100 verblüffende Erziehungstipps aus Paris“ von Pamela Duckermann schenkt uns das Kapitel „Servieren Sie einzelne Gänge – Gemüse zuerst“ interessante und sinnvolle Gedanken, die leicht anzuwenden sind: Um zu den Hauptmahlzeiten genug Hunger zu haben, erhalten die Kinder keine Zwischenmahlzeiten. Wenn dann das Mittagessen ansteht, werden zuerst nur die Salat- bzw. Gemüsebeilagen serviert. Da die Kinder hungrig sind, essen sie diese Beilagen – und werden so an Gemüse & Co herangeführt. Auch steht den ganzen Tag zum Trinken ein Krug mit Wasser auf dem Tisch, aus welchem sich die Kinder bedienen. Keine süßen Säfte oder Tees, die den Magen füllen. Nachmittags gibt es nur in Ausnahmefällen eine kleine Süßigkeit.
In vielen Einrichtungen gibt es vormittags eine kleine Zwischenmahlzeit aus frischem Obst und Gemüse. Ich habe das in meiner Kindergruppe auch sehr lange so praktiziert – aber das oben angegebene Buch hat mich zum Reflektieren angeregt. Das tägliche Obst und Gemüse kann sehr gut in der Frühstückszeit angeboten werden und muss keine Zwischenmahlzeit am Vormittag sein. Wenn zwischen Frühstück und Mittag wenigstens drei Stunden Essenpausen liegen, beginnen die Kinder die Mittagszeit mit einem kleinen Hungergefühl und nehmen sich dann vielleicht auch das Gemüse auf den eigenen Teller 😉
Im Sinne der Essenpausen sollte auch die Vesper am Nachmittag reflektiert werden. 11:30 Uhr bis 12:00 Uhr gibt es Mittag, dann folgt die Mittagsruhe und gegen 14:30 Uhr wird schon wieder die Vesperzeit angeboten. Bekommt man vom Ausruhen oder Schlafen Hunger? Wenn man die Kinder während der Vesper beobachtet, sitzen viele ohne jeglichen Appetit vor ihrem Kuchen, der Schnitte, dem Quetschie etc. Kinder, die am frühen Nachmittag abgeholt werden, vespern oft mit der Familie zu Hause noch einmal. Dass sie dann zum Abendessen keinen Hunger haben, ist mehr als verständlich. Könnte man die Vesper in der KiTa nicht weglassen und gegen 15:30 Uhr einen kleinen Snack aus Obst den noch anwesenden Kindern anbieten?
Wie handhaben eigentlich Eltern und pädagogische Fachkräfte die Nascherei in der Einrichtung? Werden Höhepunkte mit Süßigkeiten noch süßer gemacht? Bekommen die Kinder eine Süßigkeit für „besonderes“ Verhalten? Ich finde, dieser Part sollte endlich der Vergangenheit angehören. Anerkennung und Belohnungssystem mit Süßigkeiten verankern sich in den Köpfen der Kinder so sehr, dass sie sich auch im späteren Leben mit Süßem belohnen müssen. Vor einiger Zeit erzählte mir eine Mama, dass ihr 1½-jähriges Kind während der Eingewöhnung in der Kinderkrippe einen Schokoriegel bekam. Auf die Aussage der Mutter zur pädagogischen Fachkraft, dass dies der erste Schokoriegel im Leben des Kindes ist, konnte diese gar nicht glauben, dass es „heute noch sowas gibt“. Ich denke, dass die Ernährungsweise in vielen Einrichtungen auch von Seiten der pädagogischen Fachkräfte endlich überdacht werden sollte. Auch sollte Essen grundsätzlich keine Belohnung für irgendetwas sein. Getränke ebenso wenig – ich möchte dabei „nur“ das Bier oder den Sekt ansprechen, den es für die Erwachsenen sehr oft für besondere Leistungen oder bei Höhepunkten gibt – geschenkt im Beisein der Kinder. Aber das ist ein anderer Punkt, den ich in diesem Beitrag nicht vertiefen möchte. Wer sich diesbezüglich mit mir über meine Sichtweisen und Erfahrungen austauschen möchte, kann mich sehr gern dazu kontaktieren.
Zum Abschluss stelle ich nun noch einige Links zum Weiterlesen zur Verfügung und natürlich auch „meinen“ dreimonatigen Kinderspeiseplan und verabschiede mich mit den Zeilen …
… und alle Kinder essen mit und wünschen „Guten Appetit“
Heike von
Kinderspeiseplan_Wochen 1-4_Heike Frommer.
Kinderspeiseplan_Wochen 5-8_Heike Frommer.
Kinderspeiseplan_Wochen 9-12_Heike Frommer.
https://www.youtube.com/watch?v=nvDpfnlo7wk
https://www.foodwatch.org/de/informieren/kinderernaehrung/aktuelle-nachrichten